Georegion
Digitale Exkursionen (1)

 (1) Mit Albrecht Dürer auf der Kalchreuther Höhe

Dürer "Tal von Kalchreuth" (1494/1495)
(Aquarell Kupferstichkabinett Berlin, Wikimedia Commons)

Die im Norden von Nürnberg gelegene Kalchreuther Höhe ist ein nahezu unbewaldeter Gelände-Rücken, der von vielen Stellen großartige Aussichten bietet. Einige Nürnberger Patrizier hatten in dieser Gegend kleine Schlösser, in die Albrecht Dürer mitunter zu Besuch kam. Offensichtlich faszinierte ihn dieser Ausblick, so dass er zum Stift oder Pinsel griff und uns die ersten Ansichten dieser Landschaft hinterliess.

Der Ausblick von der Kalchreuther Höhe ist vor allem nach Norden hin spektakulär. Der Betrachter hat hier den in Buchten und Vorsprünge gegliederten Schichtstufe der Frankenalb vor sich. Doch der Blick wird zugleich von dem davor quer verlaufende Tal agezogen, dessen Achse das Auge in den fernen Hintergrund lenkt. Der Krümmung des Tals folgend, rückt der dahinter liegende Begzug immer weiter in das Bild, bis er schleßlich mehr als die Hälfte des Hintergrundes einnimmt.

Dürer "Ansicht des Dorfes Kalchreuth" (etwa 1511)
(Aquarell Kunsthalle Bremen) Wikimedia Commons)

Ein zweites, von Dürer eigenhändig mit dem Vermerk "Kalkreut" versehenes Bild folgt der gleichen Perspektive, hat nun aber auch einen sehr reich illustrieren Vordergrund: die Häuser von Kalkreuth/Kalchreuth werden nun mit dieser in die Weite führenden Talachse verknüpft. Für einen fotografisch geschulten Blick erscheint diese Ansicht wie mit einem zumindest leichten Weitwinkel aufgenommen: so kann schon der Vordergrund weite Teil des Bildes einnehmen. Zugleich finden wir aber der Hintergrund nur wenig weiter in der Ferne liegend als in der ersten, oben wiedergegebenen Ansicht. Der Mittelgrund mit den Ortschaften scheint nun sogar näher zu liegen. So entsteht der Eindruck, dass die verschiedenen Bildebenen enger zusammengerückt sind.

Dürer soll die beiden Ansichten von einem Nordfenster des Hallerschlosses aus gezeichnet haben (siehe Karte 1: roter Rahmen). Dieser Standpunkt ist für einen Besucher der Kalchreuther Höhe normalerweise nicht zugänglich, doch bieten sich in der Umgebung mehrere andere Punkte an, von denen aus eine ähnliche Perspektive möglich ist.
Der offenste und weiteste Blick bietet sich am NE-Rand des Ortes (siehe Karte 1: roter Rahmen): Der links den Gleisen entlang führende Weg führt in einen Bereich, von dem aus nicht nur Dürers Sicht gut nachvollzogen werden kann, sondern darüber hinaus auch weite Ausblicke nach Westen über den Erlanger Burgberg hinweg bietet.

  Koordinaten 49,56108°N, 11,14284° E
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   >> Kartengrundlage (c) openstreetmap.org/copyright


Die fotografische Ansicht von dem Aussichtspunkt an den Gleisen (zur Lok. siehe die Karte oben) lässt sich gut mit Dürers Grafik vereinbaren. Allerdings musste das Foto seitlich stark gestaucht werden, so dass der Höhenzug vorne rechts weit gedrängter als tatsächlich gegeben erscheint. Dürer hat so vermutlich versucht, den Blick gezielter in die sich nach hinten rechts öffnende Weite zu lenken.

Der markante Hangknick am Westrand des Hetzleser Berges (Markierung OT) wird von Dürer etwas überbetont. Er entsprecht der durch eine ca. 20 m mächtige tonreiche Formation ("Ornatenton") verursache Verebnung im Profil des Hanges. Dahinter ist das wetliche Ende der Langen Meile zu erkennen (das ist bereits im Norden von Forchheim der Fall). Noch weiter dahinter und nach links vorstoßend ist die Friesener Warte. Bei gute Sicht wäre dort auch der Fernmelde-Sendeturm von Kälberberg zu sehen.
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 (2) Kalchreuth kommt von "Kalkreut"

Der Ort Kalchreuth, von Dürer noch Kalkreut geschrieben, verweist auf die Rodung eines aus Kalkstein bestehenden Geländerückens. Tatsächlich handelt es sich sich aber gar nicht um besonders mächtige Kalksteinfolgen, so wie sie etwa nördlich gegenüber der Kalchreuther Höhe an der Weißjura-Schichtstufe auftreten. Hier sind es die nur einige Meer mächtigen Posidonienschichten, die vorwiegend aus dunklen bituminösen Schiefern bestehen und nur einige wenige, robustere Kalkbänke eingeschaltet haben. Diese findet man, zu Platten oder Scherben zerbrochen, reichlich auf den in der Höhe gelegenen Feldern.

Kalkstein-Platten in einem Feld auf der Kalchreuther Höhe

Charakteristisches Feld auf der Kalchreuther Höhe:
Kalkscherben in schwerem Mergelboden

Diese Kalkplatten sind Teil der als Posidonienschiefer bezeichneten Formation, die den oberen Abschnitt des Schwarzen Jura" - oder auch Lias - bildet. Die Posidonienschiefer sind eine besonders fossilreiche Formation, die im Meer der Jura-Zeit zur Ablagerung kam. Betrachtet man solche Gesteins-Stücke genauer, sind oft Reste von Meerestieren zu finden.

Probe der Monotisbank - Kalchreuther Höhe
(Foto und Probe: W. Herbst)

Diese in den Schiefern eingelagerten Kalkbänke sind in der Lage, das Plateau der Kalchreuther Höhe in dieser markanten Weise - zumindest für eine gewissen Zeit - zu stabilisieren. Dank dieser Kalkbänke ist die Posidonienschiefer-Formation - auf dem Dach einer mächtigen Abfolge nur wenig stabiler Tonsteine - ein morphologisch besonders ausdrucksvoller Stufenbildner.

 (3) Das Fränkische Schichtstufenland

Die Landschaft von der Kalchreuther Höhe bis zur Frankenalb bildet einen besonders markanten Abschnitt des Fränkischen Schichtstufenlandes. Der Wechsel unterschiedlich verwitterungsbeständiger Gesteinsschichten sowie die leichte Verstellung der ganzen Abfolge sind die Voraussetzung dafür, dass wir in der Landschaft eine Abfolge von Geländestufen vorfinden. Dabei wird der die jeweils hintere Stufe aus höheren - und damit zugleich jüngeren - Gesteinsformationen aufgebaut.

So finden wir den Posidonienschiefer, der das Dach der Kalchreuther Höhe bildet, an der nächsten Stufe nahezu an der Basis - im Profil ist hierzu der (gleich hinter Neunkirchen gelegene) Ort Hetzles markiert, wo der Posidonienschiefer in beeindruckender Weise in einem Hohlweg erschlossen ist.

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Profil von der Kalchreuther Höhe (Süden) bis zur Frankenalb (Norden) bzw. den der Alb vorgelagerten Hetzleser Berg (schematisch, stark überhöht)
kol Rhät-Lias-Sandstein - sj Schwarzer Jura unterhalb der Posidonienschiefer - bj-op Braunjura:Opalinuston - Bj-sdst Braunjura: Eisensandstein - wj Weißer Jura.

So finden wir den Posidonienschiefer, der das Dach der Kalchreuther Höhe bildet, an der nächsten Stufe nahezu an der Basis - im Profil ist hierzu der Ort Hetzles markiert, wo wir die Posidonienschiefer in beeindruckender Weise in einem Hohlweg erschlossen finden.

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Auf der Kalchreuther Höhe - zwischen Käswasser und Großgeschaidt
Am Horizont der Hetzleser Berg, an dessen Fuss - links (im W) - der gleichnamige Ort liegt.

  Weggabelung 49,64072°N, 11,12952°E
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   >> Kartengrundlage (c) openstreetmap.org/copyright




Posidonienschiefer des Lias im Hohlweg bei Hetzles.
Die Kalksteinlagen, wie sie auf der Kalchreuther Höhe zu finden sind,
sind in dem Aufschluß nur schwer zu entdecken.

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Mitarbeiter/Autoren

Diese Website und Beitrag wurde im Rahmen des Kurses "Ein Geologie-Führer für die Region" an der NHG Nürnberg im August 2019 konzipiert.

Mitwirkende waren:
Sigrid Becher, Peter Blätterlein, Bettina Franke, Waltraud Herbst, Ludmilla Konradi, Brigitta Meier, Reinhard Pimmer, Gabriele Prasser, Hermann Schreiber, Hans Stuhlinger, Martin Weber, Ulrike Williams, Manfred Zimmermann - Leitung: Dr. Gottfried Hofbauer

Koordination und Redaktion: Dr. Gottfried Hofbauer